Das Märchen von der Interessenvertretung und vom Mitspracherecht

 

Seid Ihr wirklich so naiv?

 

Woran denken die meisten Pflegekräfte, wenn Sie auf das Thema Pflegekammer angesprochen werden? Was suggerieren die Politiker und die Kammerinitiatoren uns Pflegekräften, wenn sie über die Zwangskammer sprechen? Soll ich raten?

 

Interessenvertretung!

 

Liege ich richtig? Und jetzt die große Enttäuschung:

 

Genau das sind berufsständische Kammern NICHT.

 

Berufsständische Kammern sind Selbstverwaltungen. Und hier steckt schon die eigentliche Funktion im Wort. Es ist eine VERWALTUNG. Wer also nach einer Pflege-Zwangs-Kammer ruft, der ruft nach einer Pflege-Zwangs-VERWALTUNG.

Es handelt sich dabei auch nicht um eine Verwaltung »der Pflege« oder »der Pflegenden«, wie die Zwangskammerunterstützer oder Politiker immer bewusst falsch formulieren, sondern nur um eine berufsinterne Verwaltung ausschließlich der examinierten Pflegekräfte.


Der Staat gibt seine hoheitlichen Aufgaben zur Kontrolle und Genehmigung von wichtigen Dingen in die Hände der jeweiligen Berufsinhaber. Es geht dabei nur um die interne Reglementierung des Berufes sowie die Kontrolle und ggf. Sanktionierung. Es geht nicht darum, dass der Berufsstand nach außen repräsentiert wird, die Arbeitsbedingungen verbessert oder gar die Kämmerlinge als berufsständische Vertreter in der Öffentlichkeit fungieren. Gleichzeitig verlangt der Staat dann, das die Berufsgruppe diese übertragene Verwaltung auch selbst finanziert. Mit andern Worten, der Staat entledigt sich seiner hoheitlichen Aufgaben und den damit verbundenen Kosten und legt diese in Form einer Sonderabgabe (Zwangsbeiträge) auf uns Pflegekräfte um. Eine Pflegezwangskammer ist nichts anderes, als eine Sonderabgabe, welche die Pflegekräfte erbringen müssen. Vom Prinzip eine lebenslange Berufssteuer, die man nur zahlen muss, weil man einen Beruf erlernt hat. Unabhängig davon, ob man den Beruf ausübt oder nicht. Die weiteren Folgekosten (z. B. für Pflichtfortbildungen, individuelle Verwaltungsvorgänge o. ä.) für die Betroffenen, welche ebenfalls aus dem Privatvermögen der Pflegekräfte finanziert werden müssen, werden dabei gerne absichtlich verschwiegen. Durch die Pflichtfortbildungen können die Fortbildungskosten (die dadurch zum Millionengeschäft werden)  komplett auf uns Pflegekräfte übertragen werden.


Pflegekammern können also nur Empfehlungen oder Richtlinien herausgeben, z. B. ob man Windeln besser von rechts oder von links wechselt. Ob das dann in der täglichen Arbeit umgesetzt wird, hängt von den Vorgaben des Arbeitgebers ab. Dieser muss sich nicht an diese Empfehlungen halten, denn die Kammern dürfen nicht in das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingreifen.

Diese Richtlinien gelten daher, wenn überhaupt, auch nur für die examinierten Pflegekräfte. Für alle anderen an der Pflege beteiligten Personen haben diese Aussagen sowieso keine Relevanz.

 

Die Kammer darf keine Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, besserer materieller und personeller Ausstattung oder nach besserer Bezahlung stellen. Das obliegt dem Verhandlungsgeschick von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Arbeitnehmervertretern und den Sozialversicherungsträgern. Ärztekammern dürfen sich auch nicht in die Arbeitsbedingungen der angestellten Ärzte einmischen oder in Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern (Krankenkassen) eingreifen.


Eine Pflegekammer darf auch nicht als Sprachrohr der Pflegekräfte dienen. Da die Zuweisung zur Kammer per Gesetz geschieht, ist es der Kammer nicht gestattet für die Pflegekräfte zu sprechen, oder diese in irgendeiner Form zu vertreten. Die Kammern haben ja gar keinen Auftrag von den Pflegekräften dafür. Die eigentliche Verbindung zwischen Zwangskammer und in diesem Fall uns Pflegekräften besteht auf der Tatsache, dass wir, wenn wir diesen Beruf ausüben wollen, diese Verwaltung per Gesetz finanzieren müssen. Mehr nicht. Kurz gesagt: »Kohle her oder Berufsverbot!«

 

In keinem Heilberufs- oder Kammergesetz in Deutschland gibt es daher einen Passus, der einer berufsständischen Kammer das Recht auf Interessenvertretung oder etwas Vergleichbares einräumt. Jeder, der sich für eine Pflegezwangskammer starkmacht, weiß das ganz genau. Dies ist bei einer solchen Zwangsvereinigung nicht zulässig, da ansonsten gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit auf nationaler und europäischer Ebene verstoßen würde. Interessenvertreter sucht man sich nach Kompetenz und Nutzen aus, Kämmerlinge sind nur per Gesetz zu finanzierende Schreib- und Bürokräfte.

 

Berufsständische Kammern sind interne Verwaltungen. Das so großartig propagierte Mitspracherecht der examinierten Pflegekräfte bezieht sich nur auf berufsbezogene Handlungsabläufe und interne berufsrechtliche Regelungen und Vorgänge. Wenn die Zwangskammerinitiatoren oder die Politik so schwärmerisch von einem »Sprechen mit einer starken Stimme«, von einem »Mitspracherecht der Pflegekräfte« reden, dann geht es nur um diese internen Vorgänge des Berufes. Es geht ausdrücklich nicht um ein Mitspracherecht in der Politik, bei Kostenträgern, Klinik- und Pflegeeinrichtungen o.ä.

Das Gleiche gilt auch für Vollversammlung einer Kammer. Diese darf sich nur mit den berufsbezogenen Handlungsabläufen und internen Verwaltungs- und Organisationsthemen beschäftigen.

 

Da eine Pflegekammer keine Interessenvertretung der examinierten Pflegekräfte sein darf, darf sie auch keine Forderungen für den Berufsstand stellen. Forderungen stellen ist die Urform der Interessenvertretung. Sie darf nur ihre Meinung und Beschreibungen zu berufsbezogenen Handlungsabläufen, sowie internen Organisations- und Verwaltungsvorgängen abgeben. Wenn sie denn gefragt wird. Das gilt auch, wenn sie in politischen oder fachlichen Gremien vertreten ist.

 

Die Pflegekammer ist kein einheitlicher Ansprechpartner für Pflegefragen der Politik. Da die Pflegezwangskammer nur die examinierten Pflegekräfte verwaltet, kann sie keine Stellungnahmen oder Äußerungen zur gesamten Pflege geben. Pflege besteht auch aus Pflegehilfskräften, Sozialarbeitern, med. Fachangestellten, Physiotherapeuten, Betreuern, Angehörigen, Ärzten, Ernährungsberatern und natürlich die ganzen Anbieter und Einrichtungen der Pflege usw. Mit allen diesen Personen und Unternehmen hat die Pflegekammer nichts zu tun und darf sich dementsprechend dazu nicht äußern. Der Begriff »Pflegekammer« ist daher sachlich und inhaltlich falsch. Das ist nicht nur eine Mogelpackung, sondern ein handfester und vorsätzlicher Etikettenschwindel. Es ist nur eine Kammer zur berufsinternen Verwaltung der examinierten Pflegeberufe.

 

Eine Pflegekammer kann zwar die einzelne Pflegekraft berufsrechtlich sanktionieren, sollte sie denn einen Fehler machen oder ein Fehler unterstellt werden. Die Pflegekammer kann aber nicht gegen andere an der Pflege beteiligte Personen aktiv werden. Auch kann sie nicht gegen Einrichtungen vorgehen, die aufgrund ihrer internen Struktur (Personalmangel, Vorsatz) Patienten oder Pflegebedürftige schädigen. Jedoch kann in diesem Fall, elegant die Pflegekraft zum "Sündenbock" gemacht und sanktioniert werden.

 

Der Ruf nach einer Selbstverwaltung kommt nicht von den Pflegekräften. Der Ruf wird von den Kammerinitiatoren simuliert, indem man die meist unpolitischen Pflegekräfte oder sogar Schüler manipuliert und ihnen Dinge verspricht, welche sie nie erhalten werden. Wenn Kammern für die Pflegekräfte einen Sinn machen würden, würde es sie schon längst geben. Wenn diese Kammern einen Sinn, einen Wert und einen Nutzen hätten, dann bräuchten diese auch keinen Zwang.

 

Kammern sind ausschließlich auf den Vorteil der Kämmerlinge ausgelegt. Wir betroffenen Pflegekräfte haben die Nachteile, die immensen Kosten zu tragen und als lohnabhängig Angestellte praktisch keinen Nutzen von diesen Kammern.

 

 

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