Häufig gestellte Fragen zum Thema Kammerzwang

 

Dieses FAQ finden Sie auch auf den Seiten des bffk e.V

Warum seid ihr gegen Kammern?

Kammern ohne Zwang. Geht das?

Warum dann Pflegekammern mit Zwangszuweisung?

Aber Kammern sind doch angeblich demokratisch, oder?

Was hat es mit der Vollversammlung auf sich?

Wo ist das Problem der Vollversammlung?

Was bewirken Pflegekammern am Arbeitsplatz?

Was bieten Sie als Alternative?

Was hat die Politik von Zwangskammern?

Wieso werde ich zum »Mitglied«?

Was kostet mich das alles?

Haben Prüfungen durch Kammern eine höhere Qualität?

Wird das Ansehen des Berufsstandes dadurch besser?

Schützen Kammern nicht vor schlechter Pflege?

Was ist die Berufsaufsicht?

Ist eine Pflegekammer eine Interessenvertretung für Pflegekräfte?

Was ist das »Gesamtinteresse« der Pflege?

(Die Fragen werden schrittweise erweitert.)

Warum seid ihr gegen Kammern?

Weder der bffk e.V. noch ich lehnen Kammern ab. Wir lehnen die Zwangsmitgliedschaft in Kammern ab! Zusammen mit dem bffk e.V. setze ich mich für Grundrechte und Demokratie ein. Deshalb machen wir uns bei Zwangskammerbefürwortern und deren Unterstützern so unbeliebt.

Wir lehnen keine Interessenvertretungen oder demokratische legitimierte Vereinigungen ab. Aber wir lehnen Zwangsvereinigungen ab, die lediglich durch Politiker und ein Gesetz, aber nicht durch die Betroffenen beauftragt und legitimiert wurden.

Demokratische Kammern mit freiwilliger und damit echter Mitgliedschaft begrüßt wir ausdrücklich.

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Kammern ohne Zwang. Geht das?

Aber natürlich. Kammern können problemlos als demokratisch legitimierte, öffentlich-rechtliche Einrichtungen eingesetzt werden. Eine Zwangsmitgliedschaft ist keinesfalls erforderlich.

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Warum dann Pflegekammern mit Zwangszuweisung?

Ohne Zwang müssen Kammern ihre Mitglieder durch einen Wert und Nutzen erschließen. Das ist sehr viel Arbeit und erfordert ausgeprägte und funktionierende demokratische Strukturen.

Betrachtet man die Verbände, die hinter den Initiativen zur Einrichtung einer Pflegezwangskammer stehen, dann darf man an diesem Nutzen für die Betroffenen zweifeln. Diese Verbände haben es in den Jahrzehnten ihres Bestehens nicht geschafft, durch Inhalte, durch einen Wert oder einen Nutzen die Pflegekräfte in relevanten Zahlen an sich zu binden. Müssten diese Personen nun ihre Mitglieder wieder durch diese Punkte gewinnen, werden sie sicher erneut scheitern.

Wenn sich die Verbände mit einem Zwangsbeitrag ihre Existenz vergolden lassen, dann werden sie zwar erheblich teurer, inhaltlich aber nicht wertvoller.

Kammern mit Zwang brauchen sich keine Gedanken über ihre Existenz, über ihre Finanzierung oder über die echten Interessen der Betroffenen zu machen. Auch wenn man, um die Form zu wahren, ein »Parlament« eingerichtet hat. Kammern mit Zwangszuweisung sind der ideale Ort um Macht auszuüben, sich lukrative, sichere Posten zu verschaffen und auch ein wenig die Profilierungssucht der dortigen Akteure zu stillen. Gerade bei einem nahezu vollständig lohnabhängigen Berufsstand ist sehr leicht möglich direkten (Existenz-) Druck auf die Betroffenen auszuüben. Betrachte man die Aggressivität, mit der die Initiatoren die Kammern den Pflegekräften aufzwingen möchten, darf man an einer selbstlosen Haltung dieser Personen erheblich zweifeln.

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Aber Kammern sind doch angeblich demokratisch, oder?

Diese Frage kann man nur mit juristischen Winkelzügen mit »Ja« beantworten. Sie werden einfach als demokratisch deklariert. Präzise wäre die Frage: Kann eine staatlich angeordnete Zwangsvereinigung eine demokratisch legitimierte Vertretung eines Berufsstandes oder einer Personengruppe sein?

Hier sagt schon der gesunde Menschenverstand »Nein!« Interessenvertreter sucht man sich nach bestimmten Kriterien aus und beauftragt man nach Kompetenz, nach Fähigkeiten, nach Persönlichkeit und nach Nutzen. Genau das liegt bei einer staatlich angeordneten Zwangsvereinigung nicht vor.

Kammern fehlt mit das wichtigste demokratische Regulativ: Ich kann nicht aus einer Kammer austreten. Bei Parteien, Verbänden und sogar bei der Kirche ist das problemlos möglich. Diesen Grundpfeiler der Demokratie gibt es in einer Zwangskammer nicht. Es sei denn, man gibt seinen Beruf auf. Wie wichtig das ist, sieht man an Parteien, welche von der politischen Bildfläche verschwunden sind. Nur dadurch lebt die Demokratie und kann Klüngel, Filz und Vetternwirtschaft verhindert werden. Wenn ich mich von einer Organisation inhaltlich und persönlich nicht trennen kann, dann ist diese nicht von mir demokratisch legitimiert, sondern verfügt über mich.

Ich bin mit meiner Person und meiner Meinung immer mit der Zwangskammer verbunden. Formal darf die Aussage einer Kammer zwar nicht auf die gesetzlich zugewiesene Person bezogen werden. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung passiert natürlich genau das und wird von den Kämmerlingen auch bewusst so ausgenutzt.

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Was hat es mit der Vollversammlung auf sich?

Die Vollversammlung ist das demokratische »Feigenblatt« der Kammern. Durch dieses »Parlament« soll die Wahrung der Interessen aller Betroffenen sichergestellt werden. Diese Vollversammlung soll von Vertretern aller Bereiche der betroffenen Personen besetzt sein.

Die Anzahl der Sitze, die einer bestimmten Wahlgruppe zugewiesen wird, wird abhängig von der Größe der Gruppe innerhalb der Kammerbetroffenen ermittelt. (Krankenpfleger, Altenpfleger, Lehrkräfte, Leitungskräfte usw.) Man kann also nur die vorgesehenen Plätze in seiner Wahlgruppe besetzen, nicht jedoch Mehrheiten durch mehr Sitze erreichen. Jede Berufsgruppe kann nur innerhalb der eigenen Wahlgruppe wählen.

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Wo ist das Problem der Vollversammlung?

In der Realität und in der praktischen Umsetzung.

Diese Vollversammlungen (VV) werden ehrenamtlich besetzt und die Sitzungen finden in der Freizeit der Betroffenen statt. Jetzt kann man sich in etwa ausmalen, was das für die »Mitglieder« bedeutet.
Für ein »Mitglied« der VV bedeutet es, dass es zu den Sitzungen in der Freizeit oder Urlaub, vier bis fünf Mal im Jahr, auf eigene Kosten anreisen muss. Das kann natürlich ein weiter Weg sein, wenn es nur eine Kammer pro Bundesland, voraussichtlich in der Landeshauptstadt, gibt. In der Vollversammlung sitzen die angestellten Pflegekräfte nicht nur den anderen Berufsgruppen, sondern auch der Wahlgruppe der Leitungskräfte gegenüber. Da Pflegekammern, im Gegensatz zu Kammern von Freiberuflern, in erster Linie lohnabhängig Angestellte betrifft, wird es nicht ganz einfach seine Meinung und seine Interessen durchzusetzen, oder dies in offener Rede deutlich zu machen.
Für die Sitzungen kann die Pflegekraft natürlich nicht vom Dienst freigestellt werden. Denn Kammerzwang findet außerhalb der Arbeitsstelle statt. Eine Pflegekraft, welche von den Vorgesetzten für die Sitzungen freigestellt wird, unterliegt dem Verdacht, andere Interessen als die der angestellten Pflegekräfte zu vertreten. Natürlich können die Vorgesetzten unbequemen VV-Mitgliedern auch die Dienstpläne so gestalten, dass eine Teilnahme nur schwer möglich ist. Man muss immer bedenken, in Zwangskammern geht es um Macht und persönliche Vorteile. Das ist kein freundschaftliches Miteinander, sondern knallharter Machtpoker.
Die VV stimmt ca. vier bis fünf Mal pro Jahr über Themen, Fragen und Anträge ab. In diese Dinge muss man sich einlesen um darüber in der VV abstimmen zu können. Das gilt auch für die Themen der anderen Berufsgruppen (Altenpflege, Kinderkrankenpflege, Krankenpflege, Lehrkräfte, Leitungskräfte, usw.) In der Versammlung soll natürlich auch darüber diskutiert werden. Wenn erwartungsgemäß viele Anträge zur Diskussion und Abstimmung gestellt werden, dann müssen die Abstimmungen in den paar Versammlungsstunden im Eiltempo durchgepeitscht werden. Erfahrungsgemäß wird dann einfach blockweise ohne Diskussion über Anträge abgestimmt, deren Inhalt kaum jemand kennt. Das hat die Praxis in den bestehenden Kammern gezeigt.
Einbringen kann die Anträge theoretisch jeder der einer Kammer zugewiesen ist. Wie die Anträge in der VV behandelt und gewichtet werden ist von der kammerinternen Politik abhängig. Personen, z.B. die hauptamtlich angestellten Kämmerlinge, können darauf ganz anders Einfluss nehmen, als eine Pflegekraft die das neben ihrem Beruf aus der Ferne machen muss. Genauso bei der Ausarbeitung der Anträge. Wer den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt kann sich anders um Inhalte und Anträge kümmern, als jemand der in seinem Beruf den ganzen Tag am Menschen arbeitet und das in der Freizeit machen muss. Jemand der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt wird auch ganz andere inhaltliche Zielsetzungen haben, als jemand der den Pflegeberuf praktisch lebt.
Jeder, der in der Pflege arbeitet, muss sich nur einmal darüber Gedanken machen, wie viel Zeit und Kraft er noch nebenberuflich für eine solche Tätigkeit aufbringen könnte. Und wie viel Kraft er anbieten kann, um das Kräftemessen und die Intrigenspiele in den Kammern zu bestehen.

In der Praxis ist es so, dass einige wenige einflussreiche Personen die Inhalte der Kammern bestimmen und die »Mitglieder« der VV das demokratische Alibi sind. Alleine die Tatsache, dass man in einer VV durch die Wahlgruppen keine Mehrheiten wie in einer politischen Wahl erhalten kann, sorgt für eine Schwächung der Einflussmöglichkeiten. Mehrheiten gehen nur über persönliche Netzwerke. Wer ist den schon in der Lage, diese Netzwerke in seiner Freizeit über verschiedenen Berufsgruppen und das ganze Bundesland hinweg aufzubauen?

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Was bewirken Pflegekammern am Arbeitsplatz?

Nichts. Kammern dürfen nicht in das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingreifen. Sie können weder eine Vertretung der angestellten Pflegekräfte übernehmen noch in die Arbeitsabläufe vor Ort eingreifen. Da in der Pflege praktisch ausnahmslos angestellte Kräfte arbeiten, ist deren Handlungsrahmen und Kompetenzen ausschließlich auf die Vorgaben des Arbeitgebers beschränkt. Im Gegensatz zu Gewerkschaften kann der Arbeitgeber/Unternehmer den Pflegekammern Hausverbot erteilen.

Der Arbeitgeber muss auch keine Vorschriften bei von Kammern angeordneten Pflichtfortbildungen umsetzen. Kammerzwang ist Privatsache und muss in allen Bereichen privat organisiert und finanziert werden. Pflichtfortbildungen müssen entsprechend in der arbeitsfreien Zeit und auf eigene Kosten erbracht werden. Nach unserer Einschätzung müssen bei kammerwirksamen Fortbildungen, die der Arbeitgeber finanziert (Seminar- und Lohnkosten), für diese als geldwerter Vorteil zusätzlich Steuern und Sozialversicherung abgeführt werden. Dies ist schon im Rahmen der Gleichbehandlung aller Pflegekräfte geboten. Nicht alle Arbeitgeber können oder wollen das finanzieren. Diese Pflichtfortbildungen müssen auch von Pflegekräften erbracht werden die derzeit nicht im Pflegeberuf arbeiten.

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Was bieten Sie als Alternative?

Diese Frage illustriert das verzerrte Weltbild der Zwangskammerbefürworter. Wenn jemand nicht damit einverstanden ist, sich in eine staatlich angeordnete, kostenpflichtige Zwangsvereinigung nötigen zu lassen, dann muss er eine Alternative dafür anbieten. Anders übersetzt: »Wenn Ihr nicht bereit seid, mir einen Luxusposten und meine Wünsche zu bezahlen, dann müsst ihr mir etwas anderes dafür geben.« Damit wird die intolerante Ideologie der Zwangskämmerlinge deutlich. Eine andere Meinung, als die ihre, ist nicht akzeptabel.
Man kann sich leicht vorstellen, warum genau diese Personen eine Kammer mit Zwangszuweisung haben möchten und was es bedeutet, wenn ausgerechnet diese Personen sich durchsetzen.
Kammern kann man auch ohne Zwangszuweisung einrichten. Damit hätten die Pflegekräfte eine Möglichkeit ohne Bevormundung auf die Zusammensetzung der Kammer Einfluss zu nehmen und es wäre erheblich schwieriger »politische« Soldaten in diese Einrichtung einzuschleusen. Für die Kammerangestellten bedeuten freie Kammern natürlich einen deutlich höheren Druck ihre Posten über Kompetenz, Leistung und Nutzen zu erhalten. Für die Pflegekräfte bedeutet das, dass sie entsprechend auch auf diese Kompetenz, Leistung und den Nutzen zugreifen, aber diese auch einfordern können. Zwangskammern müssen bezahlt werden, unabhängig ob sie diese Punkte erfüllen oder nicht. Einfordern kann man dann viel – ob es umgesetzt wird, liegt in der »Großzügigkeit« der Kammeroberen.
Die (freiwillige und damit echte) Mitgliedschaft in einer Kammer könnte so zu einem »Qualitätssiegel« werden. Eine Zwangsverkammerung hat nur den Wert eines Kostenfaktors.
Man kann davon ausgehen, dass die Personen, die jetzt auf die gut dotierten Posten in den Zwangskammern schielen, dann eher nicht dort sitzen werden.

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Was hat die Politik von Zwangskammern?

Für die Politik haben Zwangskammern, besonders im schwierigen Sozialbereich, einen ganz praktischen Nutzen. Zuerst mal hat die Politik einen zentralen Ansprechpartner. Allerdings nur für die beruflichen Belange der examinierten Pflegekräfte. Nicht für »die Pflege« allgemein. Das klingt erst einmal sehr vorteilhaft. Auf der anderen Seite hat man damit ein Meinungsmonopol. Dieser Ansprechpartner ist nicht durch die Betroffenen beauftragt und legitimiert, sondern genau von diesen Personen eingerichtet worden, die sich damit eben einen zentralen Ansprechpartner geschaffen haben. Man darf nicht außer Acht lassen, dass es genau die Politik – quer durch alle Parteien - war und ist, welche die bekannten Probleme in der Pflege über Jahrzehnte wissentlich hat größer werden lassen.
Wer die Meinung der Kammern kontrolliert, kann sich bei der Politik »lieb Kind« machen oder zum Gegner werden. Letzteres wird nicht passieren. Da die Kammern nur existieren, weil die Politik deren Existenz zulässt, wird man hier keine echten Gegner finden. Schließlich möchte sich kein Kammerbürokrat seinen gesetzlich gesicherten Luxusposten mit Kritik an den eigenen Gönnern gefährden.

Kein Politiker richtet eine Organisation ein, die Forderungen an die Politik stellen kann, geschweige denn in der Lage wäre, diese auch durchzusetzen.

Zwar dürfen die Kämmerlinge freundlich ihre Meinung bei Gesetzen äußern. Was aber in das Gesetz geschrieben wird, ist nur das, was der Politik nicht das Leben schwer macht oder sowieso geplant war. Am bestehenden Zustand ändert das nichts. Demokratisch legitimierte Berufsverbände können den Politkern da das Leben erheblich schwerer machen. Wie praktisch, wenn man dann einfach auf die Zwangskammer verweisen kann, die ja angeblich alle Personen eines bestimmten Berufsstandes vertritt. So hebelt man elegant die Interessen der demokratisch legitimierten Verbände aus.
Zudem kann die Politik auch »Parteisoldaten« in die Kammern einschleusen. Mit dem »richtigen Parteibuch« oder passenden politischen Freundschaft kann eine Kammer wunderbar von innen heraus kontrolliert werden. So hält man sich kritische Stimmen fern. Wer mit wachen Augen durch die bestehende Zwangskammerlandschaft wandert, wird die Funktionstüchtigkeit dieses Systems schnell entdecken. Auf diesem Weg kann man die Meinung des ganzen Berufsstandes unter Kontrolle bringen und künftig lästige Forderungen aus den Reihen der Pflege ins Leere laufen lassen.

All das weiß man in politischen Kreisen. Deshalb begrüßt man dort das Zwangskammersystem und sieht der Einrichtung gelassen entgegen. Im Gegenteil, man kann sogar politisch einen Vorteil daraus schlagen, weil man nach außen behaupten kann, etwas für die gebeutelten Pflegeberufe getan zu haben. Gleichzeitig kann man sich aus der Verantwortung stehlen. Dafür gibt es ja jetzt die Kammer.

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Wieso werde ich zum »Mitglied«?

Eine Kammer hat keine »Mitglieder«. Sie hat ausschließlich gesetzlich zur Finanzierung gezwungene Personen.
Die Terminologie »Mitglied« wird bewusst eingesetzt um eine durch die Betroffenen getragene und beauftragte Gemeinschaft zu vorzutäuschen, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Damit versuchen die Kämmerlinge ihre fehlende Legitimation durch die Betroffenen, gegenüber der Öffentlichkeit, zu kaschieren.
Die Verbindung zwischen einer künftigen Pflegezwangskammer und den Betroffenen basiert ausschließlich auf der Durchsetzung staatlicher Gewalt gegenüber den Pflegekräften.
In letzter Konsequenz bedeutet das ganz einfach: Zwangsbeitrag zahlen oder Berufsverbot.

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Was kostet mich das alles?

Das hängt von der Entscheidung der Kammern ab. Die zugewiesenen Personen müssen per Gesetz die Kammern bezahlen. Wie hoch die Kosten sind, entscheidet die Kammer selbst. Zum einen bestimmt das die Vollversammlung, zum anderen die real auflaufenden Kosten. In der Realität kommen da schnell ein paar Millionen pro Jahr zusammen. Je mehr Mitarbeiter die Kammern haben und je mehr Aufgaben sie sich erfinden, desto höher werden die Kosten.
Um es zu illustrieren: Als in Rheinland-Pfalz die ersten Veranstaltungen »pro Pflegekammer« begannen, wurde von ca. 50-60 Euro pro Jahr gesprochen. Inzwischen ist man schon bei 5-8 Euro pro Monat (62-96 Euro) angekommen. Je höher die Kosten, desto eher neigen die Kämmerlinge dazu, diese auf scheinbar niedrige Monatsbeiträge umzurechnen. In Hamburg war man gegenüber den Pflegekräften gleich ehrlich und hat Kosten zwischen 60 Euro/Jahr (Pflegekräfte die aktuell gar nicht im Beruf arbeiten) bis zu 250 Euro/Jahr (Leitungskräfte) genannt. Für »normale Berufstätige« hätte es sich bei ca. 120-140 Euro/Jahr eingependelt. Diese Zahlen sind durchaus realistisch, aber trotzdem nach oben offen. Nicht eingerechnet sind natürlich die Folgekosten z.B. durch Pflichtfortbildungen. Da Kammerzwang außerhalb eines Arbeitsverhältnisses besteht, sind sämtliche Kosten für kammerwirksame Pflichtfortbildungen privat zu tragen. (Siehe auch: Was bewirken Pflegekammern am Arbeitsplatz? und »Kosten«.) Daran denken sollte man auch, dass zusätzlich eine Bundespflegekammer geplant ist. Diese Oberkammer der Landespflegekammern muss dann auch noch finanziert werden, was die Kosten nochmals erhöht.
Kritisch darf man auch sehen, dass man seine privaten Einkommens- bzw. Steuerdaten der Zwangskammer zur Verfügung stellen muss. Anhand dieser Daten wird der persönliche Zwangsbeitrag errechnet.

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Haben Prüfungen durch Kammern eine höhere Qualität?

Prüfungen durch Kammern sind auch nur Prüfungen. Die Qualität bestimmt die Ausbildung die der Prüfung vorgeschaltet war und die persönliche Qualifikation und Motivation der Prüfer. Dazu kommt noch der Anspruch, der inhaltlich an die Prüfung gelegt wird. Mit Sicherheit werden dann die gleichen Leute prüfen, die auch bisher geprüft haben.
Monopolisierte Prüfungen durch Kammern stehen nicht im Wettbewerb und sind daher nicht vergleichbar. Man kann also nicht sagen, wer bei Institution A geprüft wurde, ist höher qualifiziert als die Person, die bei Institution B geprüft wurde. Prüfungen der Kammern sind offizielle Bescheinigungen. Aber da sie nicht vergleichbar sind, sind sie kein Qualitätskriterium, sondern eben nur offizielle Bescheinigungen. Ein vergleichbares Problem haben Staatsexamen.

Ähnliche Probleme gibt es bei von Kammern zertifizierten Aus- und Weiterbildungen. Eine »Zulassung« durch die Kammer ist auch hier kein Qualitätskriterium, sondern die Bestätigung eines Standards. Es bestätigt bestenfalls, dass die danach abgelegte Prüfung von der Kammer anerkannt wird.
Schwierig wird es auch, wenn Kammern selbst in das lukrative Ausbildungsgeschäft einsteigen. Hier besteht, wie bei den IHKn, die große Gefahr, dass die Kammern den eigenen Zwangsbeitragszahlern Konkurrenz machen. Wer sich aus einem unerschöpflichen Geldtopf (Zwangsbeiträge) bedienen kann, der kann Dienstleistungen auch deutlich günstiger anbieten als freie Anbieter. Wenn die Kammern auch noch die Zulassung für Ausbildungen vergeben und die Prüfungen bei den Mitbewerbern abnehmen, dann besteht ein gefährlicher Interessenkonflikt.

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Wird das Ansehen des Berufsstandes dadurch besser?

Das Ansehen eines Berufsstandes wird nicht besser, weil die Angehörigen der Berufe eine künstlich geschaffene Verwaltung bezahlen müssen. Von Kammern bekommt die Öffentlichkeit bestenfalls etwas mit, wenn es wieder einen Skandal gegeben hat. Man denke nur an den Organspendeskandal der Ärztekammern oder die mangelnde Kompetenz bei den Psychotherapeutenkammern. Diese Skandale wurden nicht durch die Kammern verhindert und erst durch die Presse überhaupt publik gemacht. Auch hätten die Kammern die Probleme ohne den öffentlichen Druck nicht gelöst. Damit wird eher die Kompetenz einer ganzen Berufsgruppe infrage gestellt.

Das Ansehen oder das Vertrauen in einen Berufsstand ist nicht von der Existenz einer Verwaltung abhängig. Vertrauen kann man nur in die Fähigkeiten einer einzelnen Person haben. Das Ansehen der Pflegeberufe ist nicht schlecht, es wird bestenfalls von einigen überheblichen Personen schlecht geredet. Das negative Image dieser Berufe kommt von der schlechten Bezahlung und den häufig schlechten Arbeitsbedingungen. Und genau das fällt nicht in den Aufgabenbereich von Kammern. Das ist und bleibt Aufgabe der Mitarbeitervertretungen und Gewerkschaften.

In weiten Teilen der Bevölkerung ist nicht einmal bekannt, dass es überhaupt so etwas wie eine Kammer gibt. Gerade bei lohnabhängig Angestellten dürfte eine staatlich angeordnete, kostenpflichtige Zwangskammer eher zu weiterem Verdruss führen.

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Schützen Kammern nicht vor schlechter Pflege?

Die Ursachen von »schlechter Pflege« gründen meist auf mangelhaften Strukturen in Einrichtungen, grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Fehlendes Personal, zu wenig Fachpersonal sind meist die Ursachen für Pflegefehler bei denen Menschen zu Schaden kommen. Einzelne Fehler wird es in der täglichen Arbeit immer geben. Da hilft auch die beste Ausbildung und Qualifikation nichts. Daran wird auch eine Kammer nichts ändern. Zudem sind praktisch alle Pflegekräfte lohnabhängig Angestellte. Die Qualität der Arbeit ist damit Abhängig von der jeweiligen Einrichtung in der die Arbeit erbracht wird. Da Kammern nicht in das Direktionsrecht des Arbeitgebers eingreifen dürfen, können diese auch an der Qualität der Arbeit nichts ändern. Ideen und Vorgaben der Kammern können zwar in den jeweiligen Einrichtungen umgesetzt werden, müssen es aber nicht. Die Vorgehensweisen in einer Einrichtung hat die Leitungsebene oder Geschäftsführung zu verantworten. Die meisten Pflegeskandale sind mit dem Wissen und unter den Augen der Leitungsebene passiert. Es wird nur auf die kleinen Angestellten als Ausführende abgewälzt, was den Berufsstand wieder in einem schlechten Licht erscheinen lässt.

Dass eine Zwangsmitgliedschaft in Kammern keine Garantie für hohe Qualität und Sicherheit ist, illustrieren die vielen Ereignisse, die man in den Medien findet. Am Desaster des Flughafen Berlin-Brandenburg waren und sind viele »qualifizierte Kräfte« der Handwerkskammern und der Architektenkammern beteiligt. Vergleichbares findet man an der »Elbphilharmonie« in Hamburg oder bei »Stuttgart 21«. Im Fernsehen gibt es inzwischen sogar Sendungen, die sich nur mit »Baupfusch« befassen, die durch die »Mitglieder« der Handwerks- und Architektenkammern verursacht wurden.
Die Ärztekammern haben es nicht einmal bemerkt, dass der Hochstapler Gert Postel (Gert Postel Gesellschaft, Leserbrief von Gert Postel im Spiegel 04/2015) jahrelang als Oberarzt in einer forensischen Psychiatrie arbeitete, Gerichtsgutachten schrieb und sogar im Auftrag der Ärztekammer Prüfungen abgenommen hat. Aufgedeckt haben das nicht die Kammern oder die Ärzteschaft, sondern nur ein Zufall. Betrachtet man den Fall »Gustl Mollath« erkennt man auch, dass die Ärztekammern bis heute nicht in der Lage sind, Menschen vor schlechter oder falscher Behandlung durch ihre »Mitglieder« zu schützen.
Passend hierzu erschien im Sommer 2014 im Magazin »Spiegel« ein bemerkenswerter Leserbrief eines Berliner Professors. Die von ihm angeprangerten Missstände bei der durch die Ärztekammer verantworteten Ausbildung darf man als wenig vertrauenerweckend Einstufen.

Die Ärztekammern sind nicht einmal in der Lage, die Versorgung der Bevölkerung mit Ärzten in den ländlichen Gegenden sicherzustellen. Gleichzeitig will man mit Pflegekammern den eklatanten Personalmangel in der Pflege zu beheben.
Und nicht zuletzt ist der Mangel an Organspendern mit all seinen Konsequenzen auf das Verhalten und das Versagen der Ärztekammern zurückzuführen.

Wenn die bestehenden Kammern ihrem eigenen Anspruch und Auftrag nicht gerecht werden, wie soll das dann eine neu geschaffene Zwangskammer für Pflegekräfte tun?

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Was ist die Berufsaufsicht?

Pflegekammern sollen als Berufsordnungskammern die Berufsaufsicht über die Pflegekräfte ausüben. Damit sollen sie die Bevölkerung vor »schlechter Pflege« schützen.
In der Praxis bedeutet das, dass man sich an die Berufsaufsicht wenden kann, sobald man einen Missstand zu erkennen glaubt oder die Fehlleistung einer Pflegekraft vermutet. Die Berufsaufsicht prüft den Sachverhalt und kann bei Bedarf die betroffene Pflegekraft bis zum Entzug der Berufserlaubnis sanktionieren. (Abhängig von den jeweiligen Gesetzen)

Kammern sind damit eine interne »Gerichtsbarkeit« für das Pflegepersonal. Sanktionen können aber nur gegen das Pflegepersonal und nicht gegen Dritte gerichtet werden.
Jede Pflegekraft muss damit eine »Gerichtsbarkeit« bezahlen, die im Streitfall gegen die Pflegekraft selbst aktiv wird. Das Pflegepersonal, welches diese Berufsaufsicht finanziert, muss sich evtl. sogar selbst mit einem Anwalt gegen die Berufsaufsicht der Pflegekammer verteidigen.
Für die Pflegekammer entsteht hier ein unlösbarer Interessenkonflikt: Für wen soll sie agieren? Für die Pflegekraft, von der sie per Gesetz bezahlt werden muss oder für die Beschwerdeführer? Da die Pflegekräfte sich kaum selbst bezichtigen werden, läuft das Verfahren immer gegen die Pflegekraft. Damit wird das Pflegepersonal auch in die Pflicht genommen, wenn Missstände durch Fehler der Leitungsebene entstehen. Denn die Pflegekraft hätte sich ja gegen die Missstände theoretisch wehren müssen. Da in der Pflege praktisch nur lohnabhängig Angestellte arbeiten, ist das eine Berufsaufsicht zwangsläufig nur in der Hierarchie nach unten agiert. Keine abhängig angestellte Pflegekraft wird die Vorgesetzten bei der Berufsaufsicht melden. Sehr leicht aber können Vorgesetzte gegen die Angestellten die Berufsaufsicht aktiv werden lassen.
Darin sehen auch Personalvertreter zu Recht ein großes Missbrauchspotenzial. Man kann so missliebiges Personal oder unbequeme Personalvertreter entfernen. Jede Meldung bei der Berufsaufsicht schädigt den Ruf der Pflegekraft. Auch wenn sich die Vorwürfe als haltlos herausstellen. Bei lohnabhängigen Angestellten ist eine Berufsaufsicht ein gefährliches, einseitiges Machtinstrument.

Damit kann es sogar zu der absurden Situation kommen, dass eine Pflegekraft die sich aus eigenen Kräften und Mitteln gegen Vorwürfe bei der »eigenen Kammer« wehren muss, ggf. von diesen Leuten sanktioniert wird und danach die Rechnung für den Zwangsbeitrag bezahlen muss.

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Ist eine Pflegekammer eine Interssenvertretung für Pflegekräfte?

Nein. Eine solche Kammer hat keinen Auftrag von den Pflegekräften. Daher ist sie nicht legitimiert für die Pflegekräfte zu sprechen oder für deren Interessen einzutreten. Sie wird es aber trotzdem tun. Genau das ist der entscheidende Kritikpunkt bei Zwangskammern. Die Betroffenen werden per Gesetz zu Mitgliedern deklariert und schon kann man unbeauftragt in deren Namen sprechen und agieren. Das ist politisch so gewollt. Den leichter kann man die Meinung und Interessen einer Gruppe in diesem Land nicht gleichschalten. (Siehe auch »Was hat die Politik von Zwangskammern?«)

Kammern sind Selbstverwaltungen. Damit sind sie eben nur Verwaltungseinrichtungen. Künstlich geschaffenen Bürokratien. Verwaltungen, die sich für viel Geld der Betroffenen in erster Linie selbst verwalten.

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Was ist das »Gesamtinteresse der Pflege«?

Das »Gesamtinteresse der Pflege« ist nicht zu verwechseln mit den Interessen der Pflegekräfte! Es kann durchaus sein, dass das Gesamtinteresse der Pflege in Deutschland den Interessen der Pflegekräfte widerspricht.

Mal abgesehen davon, dass eine Pflegekammer keine Legitimation von den Pflegekräften hat, werden einer Pflegekammer nur examinierte Pflegekräfte zugewiesen. Das »Gesamtinteresse« der Pflege umfasst aber auch die Interessen der Pflegehilfskräfte, die medizinischen Fachangestellten (»Arzthelfer/innen«), Ärzte, Betreuungskräfte, Sozialarbeiter, die Pflegeeinrichtungen, die Sozialversicherungen (Kranken- und Pflegekassen), Patientenverbände usw. und nicht zuletzt die Pflegebedürftigen selbst. Alle diese Personen und Institutionen sind in einer Pflegekammer nicht vertreten.

Selbst innerhalb einer Pflegekammer wären bereits so viele unterschiedliche Interessengruppen vertreten, dass es ein einheitliches Interesse der Pflege gar nicht geben kann. Alleine die Unterschiede zwischen Kranken- und Altenpflege werden kaum auf einen Nenner zu bringen sein.

Mit einer Pflegekammer wird »die Pflege« genauso wenig eine einheitliche Stimme haben, wie sie es bisher hatte.

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